Süße Eile in Kyoto | 10-Minuten-Mont-Blanc im historischen Machiya KYOTO KEIZO

Ein Café in einem über 100 Jahre alten Kyoto-Machiya
Das Café befindet sich in einem über 100 Jahre alten Kyoto-Machiya, einem traditionellen Stadthaus mit mehr als 100 Jahren Geschichte.

Es verschlägt uns nur selten gezielt in die Gegend rund um das Nijo Castle – die meisten unserer Wege führen uns jedoch eher durch unseren Alltag im Bezirk Sakyo oder in die belebten Viertel rund um Sanjo Kawaramachi und Shijo Karasuma. Eines Tages blätterten wir jedoch im Ogaki Bookstore in einem wunderschön gestalteten Bildband über Kyotos historische Machiya-Cafés. Dort stießen wir auf einen Bericht über das Sweets Cafe KYOTO KEIZO. Die Fotos der feinen Desserts in einem hundertjährigen Kyoto-Machiya haben uns sofort in ihren Bann gezogen. Also schnappten wir unsere Fahrräder und machten uns auf den Weg, um dieses Café selbst zu erleben.

Dieses Kyoto-Machiya-Café zu finden, war ein größeres Abenteuer als gedacht. Mit Google Maps als Orientierungshilfe landeten wir zunächst vor einem Laden, der eher wie eine kleine Bäckerei für Take-away-Süßigkeiten aussah als ein gemütliches Café. Auf dem Schild stand Coffee & Sweets KYOTO KEIZO, ein Name, der dem gesuchten Café zum Verwechseln ähnlich war. Hatte sich das Café vielleicht in einen reinen Take-out-Laden verwandelt? In der drückenden Sommerhitze, leicht benommen und den nicht ganz präzisen Wegbeschreibungen von Google Maps folgend, drehten wir einige Runden um den Block, bis wir endlich die Lösung hatten: Das Café, das wir suchten, lag tatsächlich direkt nebenan. Der Take-out-Laden – Coffee & Sweets KYOTO KEIZO (コーヒーとお菓子 KYOTO KEIZO) – ist eines der Schwestergeschäfte des Cafés und spezialisiert auf hübsch verpackte Kuchen und Gebäck zum Mitnehmen.

Weil die beiden Läden so dicht nebeneinander liegen und fast den gleichen Namen tragen, kann man sie sehr leicht verwechseln. Für alle, die einen Besuch planen: Beide Geschäfte befinden sich in der Sanjo-kai Shopping Street. Kommt man von der Kurama-dori, entdeckt man zuerst das Café; betritt man die Einkaufsstraße vom anderen Ende, steht man zunächst vor dem Dessert- und Take-out-Laden.


Ein süßer Traum mit 60: Die Entstehung von KYOTO KEIZO

Warme Holzbalken und ein großzügiger, einladender Innenraum
Innen erwarten dich warm getönte Holzbalken und eine großzügige, einladende Atmosphäre.

Sweets Workshop & Cafe KYOTO KEIZO ist das Ergebnis der Leidenschaft und Handwerkskunst seines Gründers, Keizo Nishida. Direkt nach seinem Schulabschluss tauchte er in die Welt der westlichen Patisserie ein und verfeinerte seine Kunst vier Jahrzehnte lang in renommierten Konditoreien in Kyoto und Osaka. Eigentlich wollte Nishida sich mit 60 zur Ruhe setzen – doch seine Liebe zu Desserts und ein unerfüllter Traum veranlassten ihn 2016, eine eigene Marke zu gründen. Sein Konzept: Kyotos traditionelle Ästhetik mit europäischer Patisserie verbinden und so innovative Geschmackserlebnisse schaffen, die Osten und Westen miteinander verknüpfen.

Die Kreation, die dieses Café berühmt gemacht hat, ist der „10-Minuten-Mont-Blanc“ (10分モンブラン) – ein Dessert mit einem bewusst kurzen Zeitfenster für den perfekten Genuss. Inspiriert wurde Nishida von einem Erlebnis in einer alteingesessenen Konditorei, wo er frisch gebackenes Baiser probierte. Daraus entstand die Idee für ein Dessert, das genau in dem Moment serviert werden soll, in dem es geschmacklich seinen Höhepunkt erreicht – die verstreichende Zeit ist hier ein integraler Bestandteil des Konzepts.

Seinen Namen verdankt der 10-Minuten-Mont-Blanc dem knusprigen Baiserboden, der bei niedriger Temperatur drei Stunden lang gebacken wird. Sobald er mit Schlagsahne und weiteren Füllungen kombiniert wird, weicht das Baiser schnell auf und verliert innerhalb weniger Minuten seine charakteristische Knusprigkeit. Um diese perfekte Textur – leicht, knusprig und zart süß – zu erleben, sollte man ihn unmittelbar nach dem Servieren genießen. Nur noch wenige Cafés nehmen sich heute die Zeit, Baiser auf diese traditionelle Weise zu backen; der Aufwand ist groß und wirtschaftlich wenig attraktiv. In vielen Cafés und Konditoreien wird der Baiserboden daher durch Biskuit ersetzt – ebenfalls lecker, aber doch kein vollwertiger Ersatz.


Kyotos „Aalbett“-Grundriss: Süßes in einem jahrhundertealten Machiya genießen

Hinter dem Garten geben große Glasfenster den Blick in die Backstube frei
Hinter dem kleinen Garten erlauben große Glasfenster einen Blick direkt in die Backstube.

Entlang der lebhaften Sanjo-kai Shopping Street hat das Sweets Cafe KYOTO KEIZO ein hundert Jahre altes Kyoto-Machiya-Stadthaus in ein kleines Dessertparadies verwandelt. Das Gebäude war ursprünglich ein Händlerhaus aus der Meiji-Epoche und wurde vom Inhaber, Keizo Nishida, behutsam renoviert. Die ursprünglichen Holzbalken und Lehmwände blieben erhalten, während der Bereich, in dem früher der traditionelle „Okudosan“ (holzgefeuerter Küchenherd) stand, in einen Tsuboniwa-Garten umgestaltet wurde. Dadurch strömt heute Tageslicht tief in das Haus und es entsteht ein überraschend luftiges Raumgefühl. Die Kombination aus traditioneller Architektur und modernen Glaselementen erzeugt eine ganz eigene, unverwechselbare Atmosphäre.

Von der Straße aus wirkt der Eingang recht schmal – fast wie ein kleines, gemütliches Café. Sobald man eintritt, öffnet sich der Raum jedoch nach hinten, viel länger und breiter als erwartet. Genau das ist typisch für den traditionellen Grundriss eines Kyoto-Machiya: eine schmale Fassade mit großer Tiefe. Im Japanischen trägt dieser Baustil den Spitznamen unagi no nedokoうなぎのねどこ, was so viel bedeutet wie „Aalbett“ – ein Bild für Häuser mit schmaler Straßenfront und sehr langem Grundriss.

Seinen Ursprung hat dieser Grundriss in der „Frontbreitensteuer“ der Edo-Zeit, als die Höhe der Abgabe von der Breite der straßenseitigen Fassade abhing – je breiter das Haus, desto höher die Steuer. Die Bewohner Kyotos fanden eine clevere Lösung: Sie entwarfen ihre Häuser im schlanken „Tanzaku“-Format (ähnlich einem schmalen Lesezeichen) – mit kleiner Front und großer Tiefe. So konnten sie Steuern sparen und gleichzeitig mehr Wohn- und Geschäftshäuser entlang derselben Straße unterbringen. Mit der Zeit wurde diese praktische, aber elegante Bauweise zu einem prägenden Merkmal der Machiya-Architektur und Stadtlandschaft von Kyoto.

Im Inneren empfängt dich ein Meer aus warmen Holzbalken und traditionellen Holzstrukturen. In der Luft liegt der Duft von frisch gebackenem Gebäck und Kaffee – ein Gefühl unmittelbarer Geborgenheit. Rechts vom Eingang befinden sich der Empfang und die Kasse, dahinter schließt sich die Hauptküche an. Im vorderen Bereich gibt es helle Tresenplätze, ideal, um Instagram-taugliche Dessertfotos aufzunehmen und gleichzeitig das geschäftige Treiben in der Küche zu beobachten.

Weiter hinten wird der Sitzbereich ruhiger und entspannter, bevor er sich zu einem kleinen japanischen Innenhofgarten mit viel Grün öffnet. Hinter dem Garten geben große Glasfenster den Blick frei auf die Backstube, in der viele der Signature-Desserts direkt vor Ort zubereitet und anschließend serviert werden. Diese Kombination aus offener Küche und traditionellen Machiya-Elementen bewahrt den nostalgischen Charme des Hauses und verbindet ihn mit modernen Akzenten – einer der zauberhaftesten Aspekte dieses Cafés.


KYOTO KEIZO Menükarte – Desserts, Kaffee, Hauptgerichte & saisonale Specials

Gäste, die den Mont Blanc bestellen, können bei der Zubereitung zusehen
Gäste, die den Mont Blanc bestellen, werden eingeladen, dem Team bei der Zubereitung live über die Schulter zu schauen.

Das Sweets Cafe KYOTO KEIZO ist vor allem für sein ikonisches Dessert, den 10-Minuten-Mont-Blanc, bekannt. Die Menükarte ist jedoch erstaunlich vielfältig. Neben den Signature-Desserts gibt es eine große Auswahl an Kaffeespezialitäten, Hauptgerichten und Getränken für Kinder sowie zeitlich limitierte Angebote, die nur zu bestimmten Tageszeiten angeboten werden. All das in der Atmosphäre eines jahrhundertealten Machiya zu genießen, macht den Besuch nicht nur zu einem kulinarischen, sondern auch zu einem unvergesslichen Kyoto-Erlebnis.

Für Kuchen und Gebäck zum Mitnehmen besuche bitte den direkt westlich angrenzenden Laden KYOTO KEIZO OKASHI.
Alle Preise verstehen sich inklusive Mehrwertsteuer.
Menükarte und Preise können je nach Saison und Verfügbarkeit ohne vorherige Ankündigung variieren.


10-Minuten-Mont-Blanc: Das Dessert-Erlebnis aus nächster Nähe

Der Mont Blanc wird zusammen mit einer Erklärung zu Aufbau und idealem Genusszeitpunkt serviert
Der 10-Minuten-Mont-Blanc wird mit einer dreisprachigen Karte (Japanisch, Chinesisch und Englisch) serviert, die den idealen Zeitpunkt für den Genuss erklärt.

Nachdem wir unsere Plätze eingenommen hatten, mussten wir nicht lange überlegen – genau dafür waren wir gekommen. Wir bestellten direkt den Signature-10-Minuten-Mont-Blanc und für jeden von uns einen heißen Americano. Nachdem unsere Bestellung aufgenommen wurde, lud uns das Personal freundlich ein, mit ihnen durch den Innenhof im hinteren Teil des Cafés zur verglasten Backstube zu gehen. Mit einem Lächeln sagten sie: „Hier könnt ihr zusehen, wie der Mont Blanc direkt zubereitet wird – Fotos und Videos sind natürlich willkommen.“

Durch die klare Glasscheibe konnten wir beobachten, wie die fröhliche, routinierte Patissière das Dessert Schicht für Schicht zusammensetzte: Zuerst der vorgebackene Baiserboden, der zuvor drei Stunden lang langsam knusprig gebacken wurde. Darauf kam eine großzügige Schicht reichhaltiger Chantilly-Sahne, gefolgt von feinen Fäden aus Maronenpüree, die zu einer weichen, nestartigen Kuppel aufgespritzt wurden. Diese Szene – im Netz bekannt als das „Mont-Blanc-Faden-Video“ – ist mittlerweile auf Instagram und TikTok ein kleiner Social-Media-Hit. Die Kombination aus echter Handwerkskunst und unmittelbarer Belohnung zieht viele Gäste an, die sich gerne für dieses fotogene Must-try-Dessert anstellen.

Als der frisch zubereitete Mont Blanc schließlich an unseren Tisch gebracht wurde, lag daneben eine mehrsprachige Karte (Japanisch, Chinesisch und Englisch), die daran erinnert, ihn innerhalb von zehn Minuten zu genießen, um die ideale Textur zu erleben. Im perfekten Moment ist das Baiser wunderbar luftig-knusprig und harmoniert mit der duftenden Sahne und dem Maronenpüree. Danach wird die Struktur Schritt für Schritt weicher. Zusammen mit der milden Bitterkeit eines von Hand aufgebrühten Americanos entsteht eine herrlich ausgewogene Süße.


Sweets Cafe KYOTO KEIZO – Hauptfiliale & Anreise in Kyoto (Japan)


KYOTO KEIZO Filial-Informationen (Kyoto, Japan)

Neben der Hauptfiliale Sweets Cafe KYOTO KEIZO in der Sanjo-kai Shopping Street – bekannt für den live zubereiteten, zeitabhängigen 10-Minuten-Mont-Blanc – betreibt die Marke außerdem Coffee & Sweets KYOTO KEIZO sowie die Filialen OKASHI und OYATSU.
Die Filiale OKASHI ist auf Kuchen und Gebäck zum Mitnehmen spezialisiert und eignet sich perfekt für Geschenke und Souvenirs.
Die Filiale OYATSU konzentriert sich auf frisch gebackene Tartes – insbesondere auf beliebte saisonale Fruchttartes – und bietet einige wenige Sitzplätze vor Ort.
Ob als Mitbringsel oder für ein Dessert-Erlebnis vor Ort – jede Filiale spiegelt die Liebe zum Detail und den hohen Qualitätsanspruch der Marke wider.

📍 Alle drei Standorte befinden sich in und um die Sanjo-kai Shopping Street in der Nähe des Nijo Castle in Kyoto, Japan – ideal, um mehrere Filialen bei einem Besuch miteinander zu verbinden.

📌 Praktische Tipps für deinen Besuch im Sweets Cafe KYOTO KEIZO

  • Komm an Wochenenden und an belebten Nachmittagen lieber früh – bei hohem Andrang können Eintrittstickets ausgegeben werden.
  • Schau in der OKASHI-Filiale vorbei, wenn du eine Variante des 10-Minuten-Mont-Blanc auf Kuchenbasis mitnehmen möchtest. Die Textur unterscheidet sich von der Version in der Hauptfiliale und eignet sich perfekt als Mitbringsel.
  • Achte auf saisonale Specials: Im Herbst (September–November) den 10-Minuten-Mont-Blanc mit japanischer Kastanie, im Frühling (März–Mai) Sakura-/Erdbeer-Mont-Blanc, Matcha-Mont-Blanc sowie erfrischende Shaved-Ice-Varianten im Sommer.

Fazit

Mein Eindruck vom Sweets Cafe KYOTO KEIZO lässt sich wohl am besten so zusammenfassen: „Einen zeitlos gewordenen Klassiker in einem jahrhundertealten Kyoto-Machiya zu genießen.“

Es ist weit mehr als nur ein Café mit süßen Desserts – es ist ein Moment, in dem sich die Ruhe traditioneller Machiya-Architektur, die feine Handwerkskunst des Patissiers und moderne Aromen zu einem kurzen, aber tief erfüllenden Erlebnis verbinden. Wie der 10-Minuten-Mont-Blanc selbst ist der Moment flüchtig – aber die Erinnerung bleibt.

Neben dem schönen Ambiente und den exquisiten Desserts strahlt das Team eine spürbare Herzlichkeit und Begeisterung aus. Man merkt sofort, wie viel Freude sie an ihrer Arbeit haben – und genau das macht den Besuch noch besonderer. Ob sich ein Abstecher lohnt? Für uns ist die Antwort ein ganz klares Ja.